Immer wenn der Fonds-Special dem 20 Minuten beiliegt, erlebe ich Geburtstag und Weihnachten gleichzeitig. Als Freizeit-Anlegeprofi und Altersvorsorge-Amateur freue ich mich immer wieder über unabhängige Tipps, wie ich meine mit dem Pendlerblog verdienten Millionen erfolgreich anlegen kann.

Das Fonds-Special ist schwierig als solches zu erkennen. Es ist genau gleich aufgemacht wie 20 Minuten. Es verwendet die selben Schriften, das selbe Layout, das selbe Impressum und sogar das selbe Titelblatt. Heute hab ich es aber glücklicherweise erkannt.
Am nützlichsten finde ich die Tipps aus dem Interview mit Beat Wittmann (S. 35), Leiter Finanzprodukte und Mitglied der Geschäftsleitung der
Clariden Bank. Er empfiehlt Anlagen in die schnell wachsenden osteuropäischen Aktienmärkten.

Den Kontakt zur Clariden Bank habe ich glücklicherweise zwei Seiten weiter hinten gefunden. Zufälligerweise gibt es dort ein Inserat seines Unternehmen, das für Eastern Europe Equity Funds wirbt.

Ebenfalls wichtig beim Investieren: Möglichst niedrige Kosten. Man soll die Depotgebühren zwischen den verschiedenen Anbietern vergleichen. Dazu rät Jürg Bucher in einem Interview (S. 38). Jürg Bucher ist Leiter der
PostFinance.

Wie es der Zufall will hat es auf Seite 35 ein Inserat der PostFinance. Und siehe da: Die PostFinance hat Anlagefonds ohne Depotgebühren. Nichts wie hin.

Ich hab mich schon oft gefragt, wie ich mein Geld anlegen soll für bestimmte Verwendungszwecke. Zum Beispiel hat meine Villa dringend eine Renovation nötig und meine Kinder sind schon bald in Ausbildung. René Charrière, Leiter Anlage und Vorsorge Privatkunden bei
Swisscanto, empfiehlt im Interview (S. 33) so genannte Life Cycle Fonds.

Ja gibt's denn sowas. Gleich noch ein Zufall. Der Mediaplaner der Swisscanto hat genau heute nur ein Seite weiter hinten ein Inserat für solche Produkte geschalten.

Langsam mag ich nicht mehr an Zufall glauben. Ich beginne an der Ratgeber-Qualität und der Unabhängigkeit des 20-Minuten-Fonds-Specials zu zweifeln. Kommen da etwa nur Leute zur Sprache, die auch ein Inserat gekauft haben?
Könnte sein: 2 Seiten nach dem Interview mit Holger Hubert folgt ein Inserat seines Arbeitgebers
Swiss Life.

ABN Amro, für welche der interviewte (S. 34) Oliver Disler arbeitet, hat sogar eine ganze Seite gekauft (S. 36).


Aber Martin Schlatter von der renommierten
Bank Leu hat dies nicht nötig?

Doch. Gleich neben dem Artikel über seine überdurchschnittlichen Analyse-Fähigkeiten wirbt die Bank Leu.

Auch Sven Rump von
DWS durfte dank dem Inseratekauf der Zeitung ein Interview geben.


Liebes 20 Minuten. Es gibt auch raffiniertere Wege, ihre Leser zu verarschen.