24 Februar 2005

Überschrift des Tages

"Hunderttausende in Wohnung erbeutet" (S. 2)
Das muss aber eine grosse Wohnung gewesen sein.

22 Februar 2005

Recherche?

"Viel zu lange mussten sich die Fans gedulden, doch bald ist es soweit: Am 16 Juli 2005 erscheint laut Verlag das neuste Abenteuer von Harry Potter" (Seite 17 oder online nachlesen)

Wer jetzt meint, dass "Fans" wirklich lange haben warten müssen, liegt falsch. Mussten die "Fans" auf den fünften Band doch drei Jahre warten, und diesmal sind es nur noch zwei. Eine vergleichsweise kurze Wartezeit.

21 Februar 2005

Skandal oder doch keiner

Bestimmt gehört es zu den schweren Aufgaben, über ein Vorkommnis aus einer TV-Sendung zu breichten, das alle sowieso live gesehen haben. Doch der 20min-Reporter hat damit keine Mühe. Nein, er schafft es sogar, eine gewisse Spannung hineinzubringen.

(Seite 16):
Bei ihrem Auftritt in "Wetten dass ...?" am Samstagabend zeigte sich die 35-jährige Latin-Queen Jennifer Lopez nicht in bester Laune. ["Aha", denkt sich nun der Leser, "da kommt wohl etwas ganz Exklusives!"]
Als Moderator Thomas Gottschalk (54) wissen wollte, ob etwas an den Schwangerschaftsgerüchten dran sei, ... ["Aha", denkt sich nun der Leser, "Gottschalk war wohl zu provokativ, wahrscheinlich hat darauf Lopez eine Vase umgeschmissen oder ihm ins Gesicht gespuckt. Ich muss unbedingt weiterlesen"]
... antwortete die von einer Grippe geplagte Sängerin: "Bitte nicht fragen". ["Aha", denkt sich nun der Leser.]

Hier nachlesen

Da schreibt ja Google besser...

Journalistische Lumpigkeiten sind wir uns von 20-Minuten ja gewohnt. Wenn allerdings in einem nur gerade 14-Zeiligen Party-Review grundlegende Falschinformationen über den Hauptinhalt, nämlich den Künstler, verbreitet werden, strapaziert das unser Wohlwollen. Die am letzten Wochenende in Zürich auftretende Hip-Hop-Legende Grandmaster Flash wird in der heutigen Ausgabe als „Erfinder des Scratchens“ abgefeiert. Erfinder des Scratchens ist aber DJ Grand Wizard Theodore. Flash hat lediglich den so genannten „Backspin“, das „Cutting“ und das „Phasing“ erfunden. Anscheindend kann die Journalistin Google nicht bedienen.

Artikel zu verkaufen

Nur etwas nervt mehr als von Unternehmen geschmierte Journalisten: Es sind von Automobil-Unternehmen geschmierte Journalisten. Sie werden eingeladen, in der ersten Klasse an die Spanische Costa del Sol zu fliegen, residieren in den teuersten Hotels, ernähren sich nur von feinsten Delikatessen, feiern Partys mit Models und testen nebenbei die neuesten Entwicklungen aus der Welt des Automobils. Alles bezahlt von der Industrie. Schreiberlinge, die es wagen Kritik an den Fahrzeugen anzubringen, verspielen sich die Einladungen auf solche Dienstreisen. Und wer würde das schon riskieren?

Auch 20-Minuten pflegt eine wöchentliche Auto-Doppelseite. Heute findet sich ein Bericht einer Dienstreise nach Marbella (S. 18). Hendrik Petro, Chef-Redaktor von Autolife, hat dort für 20-Minuten gefeiert, Kaviar verspiesen, Schampus geschlürft und den neuen Opel Astra gestestet. Lesen sie die Lobhudelei selber. Solche Ausrutscher sind wir uns im Auto-Journalismus allerdings gewöhnt und brauchen auch nicht weiter kommentiert zu werden.

Viel spannender ist der Artikel gegenüber (S. 19). Im 12-Monate Dauertest erscheint der Saab Sport-Combi regelmässig im 20-Minuten. Heute glänzt das Auto mit "optimales Fahrzeug für die sportliche Familie", "extrem angenehmer Partner", "enorm viel Fahrspass" und vielen weiteren fantastischen Eigenschaften. Wurde dem Journalisten vielleicht das Auto für den Gebrauch mit seiner Familie kostenlos überlassen? Oder hat der Journalist den Artikel von den Saab-Werbetextern übernommen? Seltsam: Der Verweis "Anzeige" fehlt.

18 Februar 2005

Ganz Zürich?

"Ganz Zürich tanzt am Weekend Salsa".
Diese waghalsige Behauptung stellt heute 20min auf (Seite 1). Aber: Falsch! Mindestens ich werde dieses "Weekend" nicht Salsa tanzen.

17 Februar 2005

20mins knallharte Recherche

Der ahnungslose "Blick" hat nichts böses geahnt, als er gestern über einen Schweizer Musiker berichtete. Doch 20-Minuten belehrt heute die ganze Schweiz: Der genannte Musiker ist dubios.

1994 soll er als Lüge gesagt haben, ein Topmodel für einen Videoclip verpflichtet zu haben (Skandal 1) und 1995 kaufte er sein eigenes Album mehrere Male, um es in die Hitparaden zu bringen (Skandal 2).

Ein sehr dubioser Musiker! Danke 20-Minuten, für diese Enthüllung

16 Februar 2005

Kurzmeldung des Tages

"Bern - der bundeseigene Technologiekonzern Ruag liefert für rund 25 millionen Franken Laser-Schiesssimulatoren nach Frankreich."

Liebes 20-Minuten-Team. Es freut mich sehr, dass ihr mich regelmässig mit Informationen über meinen Lieblins-Rüstungsbetrieb auf dem Laufenden hält. Weiter so.

Bild des Tages

20-Minuten nimmt seine Aufgabe als Zeitung der kleinen Frau und des kleinen Manns wahr. Die heutige Ausgabe deckt auf: Jedes Jahr werden ferienhungrige Billigurlauber von ihren Reiseveranstaltern hinterhältig veräppelt und hinters Licht geführt. Die Veranstalter werben im Prospekt mit: "International bekannter, aufstrebender Badeort, mit Fischerdorf-Charakter, alle Zimmer zum Meer, junges lockeres Publikum" Und das heisst dann in Wirklichkeit: Kleines Dreckskaff, mit Hotelbunkern überbaut, es stinkt nach Fisch, Verkehr, Flugzeuge und Ballermann-Touristen lärmen die ganze Nacht durch. Zur Illustration sehen wir ein Bild mit einer sichtlich genervten Billigtouristin:



Bildlegende: Um im Urlaub nicht unliebsam überrascht zu werden, sollte man schon in den Ferienprospekten auf zweideutige Formulierungen achten.

Diese Frau wurde anscheinend bei einem Morgenspaziergan in ihrem Urlaub unliebsam von einer Schrottmulde überrascht, die einen ungeheuren Lärm zu machen scheint. Es sind zwar keine Lärmerzeuger zu sehen auf dem Bild. Trotzdem muss sich die Frau die Ohren ganz fest zudrücken, weil sonst ihr Trommelfell explodieren würde. Wahrscheinlich ist diese Frau auf zweideutige Ferienprospekt-Formulierungen herein gefallen wie: "Schrottmulden singen wunderschön Jazz".

15 Februar 2005

Deutscher Brutalo-Juror und New Yorker Ausnahmekünstlerin

20min benutzt gerne Attribute, wenn möglich auch sehr aussagekräftige. Eine Person wird nicht nur genannt, sondern auch gleich umschrieben.
Beispiel heute auf der Frontseite: "Deutscher Brutalo-Juror Detlef D! Soost". Ebenfalls auf Seite 1: "New Yorker Ausnahmekünstlerin Alicia Keys"

Meine Lieblingskurzmeldung des Tages: "Jackson Prozess. Santa Maria - Im Prozess gegen Popstar Michael Jackson hat gestern die Befragung der möglichen Geschworenen begonnen." Fertig! (Seite 2)

Meine Lieblingsbildlegende des Tages: Auf dem Bild sind sehr deutlich mehrere Basler Fasnächtler zu sehen, die Pfeifinstruente spielen und auf ihren Masken Laternen montiert haben. Darunter steht: "Eine Pfeifergruppe mit Kopflaternen marschiert durch die Basler Innerstadt." (Seite 6)

14 Februar 2005

Suppen-Kaspar

Darauf habe ich schon eine Woche gewartet: Die Spargelcreme-Suppen-Szenis haben sich wieder ins Blitzlicht geworfen. Seit kurzem lächeln sie uns regelmässig aus der linken Spalte einer 20-Minuten Seite an. Es sind fröhliche Spiesser mit einem Becher Knorr-Suppe in der Hand. Die Bildlegenden verraten nicht unbedingt, wieso der Redaktor die Bilder für abdruckrelevant hält.



Der Artikel dazu verrät aber mehr. Der Redaktor mag anscheinend Knorr-Suppen sehr. Er pflegt jedes Mal zu schreiben:



Soso, Knorr ist also der inoffizielle Sponsor der guten Wintermomente. Das ist aber eine witzige Idee. Da hat wohl jemand ein Werbe-Seminar-Abendkurs im Schwarzwald besucht. Handelt es sich beim Redaktor vielleicht gar nicht um einen Journalisten, sondern um einen von Knorr schlecht bezahlten Werbetexter? Aber dann wär das ja gar kein Artikel, sondern eine Anzeige. Nein, nein, das kann nicht sein; sonst hätte 20-Minuten sicher den Vermerk „Anzeige“ angebracht.