14 September 2005

Schweizerische Bundesbahn

Liebe SBB

Ich bin ein grosser Fan von Ihnen. Schon als kleiner Bub liebte ich ihre pünktlichen Fortbewegungsmittel. Ich war sogar mal im SBB-Junior-Club und habe Ihnen regelmässig selbst gemalte Aquarelle von der Lok 2000 geschickt. Na erinnern Sie sich?

Da Ihr ehrenwertes Unternehmen nicht im Medienbereich tätig ist, kennen Sie wahrscheinlich auch die Richtlinien für Journalisten des Presserats nicht. Deshalb möchte ich ihnen heute Richtlinie 10.1 vorstellen: Trennung zwischen redaktionellem Teil und Werbung:

Die Trennung zwischen redaktionellem Teil bzw. Programm und Werbung ist optisch und begrifflich klar zu kennzeichnen. Journalistinnen und Journalisten haben diese Abgrenzung zu gewährleisten und dürfen sie nicht durch Einfügen von Schleichwerbung in der redaktionellen Berichterstattung verletzen. Die Grenze des Zulässigen ist überschritten, wenn eine Marke, ein Produkt oder eine Leistung oder deren wiederholte Nennung weder einem legitimen öffentlichen Interesse noch dem Anspruch des Publikums auf Information entspricht.

Ich habe festgestellt, dass Sie jeden Mittwoch in der meistgelesenen Schweizer Zeitung auf einer ganzen Seite für Ihre fantastischen Produkte werben. Das sieht dann beispielsweise so aus:



Leider vergessen Sie dabei jeweils ihre Werbung als solche zu kennzeichnen, beispielsweise durch den Vermerk "Anzeige" oder "Publireportage". Viel schlimmer noch: Sie halten sich bei Gestaltung und Aufmachung an das Layout der meistgelesenen Schweizer Zeitung. Für Leserinnen und Leser ist es so sehr schwierig, zwischen redaktionellem Teil und ihrer Werbung zu unterscheiden. Genauer gesagt, könnte der Verdacht aufkommen, dass sie gar nicht möchten, dass die Leser den Werbecharakter ihrer Seite erkennen.

Sie können sich jetzt natürlich sagen: "Das geht sie nichts an; Ist mir egal, ob sie mal in meinem Junior-Club waren und Aquarelle von der Lok2000 malten; die Richtlinien des Presserats sind mir egal; die Richtlinien des Presserats sind nicht Gesetz; Auf die Leser scheiss ich; genau so wie die Leser im Zugklo auf meine Geleise scheissen." Das ist ihr gutes Recht. Bitte denken sie aber an folgendes Argument, wenn ihnen ein windiger Verlagsmitarbeiter das nächste Mal redaktioneller Inhalt verkaufen will:

Wegen dem harten Wettbewerb auf dem Anzeigenmarkt zwingen sie mit dem Kauf von redaktionellen Leistungen auch andere Zeitungen dazu, ihren Werbepartnern redaktionellen Inhalte anzubieten.
Wenn sich Einfluss auf die Öffentlichkeit erkaufen lässt, dann stehen Sie bald sehr schlecht da. Denn ihre Konkurrenz ist ebenfalls sehr kaufkräftig.

Freundliche Grüsse
D. U. Leser.

Nachtrag der unmündige Leser, 21. September 05: Die SBB hat diese Woche ein zwar kleines aber dennoch gut sichtbares "Publireportage" angebracht.

1 Kommentare:

Am 14 Oktober, 2005 11:37 meint Anonymous Anonym ...

guter hinweis. ausser die formulieren "da sie nicht in den medien tätig sind" (o.s.ä). die medienstelle der sbb ist professionell. und sehr tätig.

 

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