16 August 2005

Wissenschafts-Porno

Dass 20 Minuten sackstark ist bei Bildunterschriften und beim Verkaufen von redaktionellen Inhalten, wissen wir bereits. Nun beweist die Zeitung auch ihre Kompetenz beim Abschreiben von falsch interpretierten Ergebnissen wissenschaftlicher Studien.

Mit einem Artikel versucht 20 Minuten auf Seite 11 nämlich eine psychologische Studie zu interpretieren, welche von keinem Redaktionsmitglied je gelesen wurde. Die Studie heisst Attentional rubbernecking: Cognitive control and personality in emotion-induced blindness und wurde im Journal Psychonomic Bulletin & Review publiziert.

20 Minuten hat den Artikel eins zu eins abgeschrieben von bz-berlin.de. BZ-Berlin.de hat die Informationen wiederum von Wissenschaft.de, deren Redaktoren wahrscheinlich Teile der Original-Studie gelesen haben. Dass bei diesem langen Weg einige Details auf der Strecke bleiben, ist klar.

20 Minuten schreibt: "Pornografie macht "blind""
Richtig ist: Erotische Bilder oder Gewaltdarstellungen können einen Menschen ablenken.

20 Minuten schreibt: "Forscher fanden heraus, das [sic!] Pornokonsumenten für den Bruchteil einer Sekunde erblinden."
Richtig ist: Menschen, welche von erotischen Bilder oder Gewaltdarstellungen emotional berührt werden, neigen eher dazu unmittelbar darauf folgende Informationen zu verpassen.

20 Minuten schreibt: "...beweist David Zald von der Universität Yale"
Richtig ist: "...beweist David Zald von der Vanderbilt University.

Wie so oft in der Wissenschaft sind die Resultate der Studie banal. Sie lassen sich im folgenden Satz zusammen fassen: Wer abgelenkt wird, ist abgelenkt. Aber dies lockt natürlich keinen Leser hinter dem Kamin hervor.

5 Kommentare:

Am 16 August, 2005 13:23 meint Anonymous Anonym ...

nun, gelesen hast du die story aber gerne - du spanner. bist aber nicht auf deine kosten gekommen...

 
Am 16 August, 2005 14:12 meint Blogger Der unmündige Leser ...

Hei anonymer 20-Minuten-Mitarbeiter. Natürlich ist eure Headline total sexy und hat sogar mich als Spanner aufmerksam gemacht. Die Frage ist aber vielmehr: Ist es dem Herausgeber der BZ, dem mächtigen Axel-Springer-Verlag, egal, dass ihr die Headline und den ganzen Rest schamlos abgeschrieben habt?

 
Am 16 August, 2005 19:12 meint Anonymous Anonym ...

schön du spanner

 
Am 25 August, 2005 15:10 meint Anonymous Anonym ...

Mir gefällt, das dass Pendlerblatt den Das-Fehler macht.

 
Am 26 August, 2005 09:07 meint Blogger Der unmündige Leser ...

Die Original-Quelle die BZ verwendet wie in Deutschland üblich ein Eszet (ß) für das Doppel-s. Beim unvorsichtigen Abtippen wird da schnell ein einzelnes S draus.

 

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