15 April 2005

Sex sells...

...das weiss auch 20 Minuten. Deshalb lautet die Schlagzeile auf der Titelseite der heutigen Ausgabe:

Zürcher Sex-Milieu: Rasantes Wachstum

Puooooaahhhhh!!!! Was für eine Verrohung der Sitten steht uns da bevor, fragt sich der Leser. Ojemine! Im Text heisst es dann:

„In der Stadt Zürich waren Ende März so viele Prostituierte gemeldet wie nie zuvor: 3667 Frauen und Männer waren der Polizei bekannt. Dies entspricht einer Zunahme von 86 Personen.“

Da gestern nichts passiert ist in der Welt, das auf die Titelseite passt, hat die Journalistin ihren recht durchschnittlichen Artikel zu einer Titelstory frisiert. Erstens entspricht die Zunahme von 86 Personen auf 3667 Prostituierten keinesfalls einem rasanten Wachstum, wie es die Autorin behauptet. Man rechne 100 * 86 / (3667-86) = 2.4 Prozent. Das Wachstum liegt also bei nur 2,4 Prozent. Dieser Wert ist statistisch vernachlässigbar (=nicht signifikant). Er unterliegt höchst wahrscheinlich saisonalen Schwankungen. Beispielsweise hat das Baugewerbe im selben Zeitraum zweistellige Wachstumsraten.

Zweitens steht im Text, dass die Zahl 3667 den bei der Polizei gemeldeten Prostituierten entspricht. Es gibt also eine grosse Dunkelziffer nicht gemeldeter Prostituierten. Nun könnte es sein, dass sich seit Ende 2004 überdurchschnittlich viele Prostituierte bei der Polizei gemeldet haben oder dass die Polizei ein paar Razzien durchgeführt hat, um nicht gemeldete Prostituierte zu registrieren. Die wahre Anzahl Prostituierte könnte sich dabei sogar verringert haben.

Zum Glück spielt dann noch die bei 20-Minuten-Titelseiten oft amüsante Text-Bild-Schere: Direkt unter der Headline befindet sich ein grosses Bild von Paris Hilton.